Die Möwe mausert sich

Warum eine Lachmöwe zwar nicht mutiert, sich aber ständig verändert

Der Gefiederwechsel der Lachmöwe heißt: Mauser. Ja, der Begriff passt gar nicht, das fällt jedem Laien sofort auf. Woher kommt er also? Klar: aus dem Lateinischen (diese Leier hatten wir ja schon beim Namen). Über mittelhochdeutsch „mūze“ kam der Begriff von Lateinisch „mutare“: wechseln, ändern, tauschen. Und so passt er auch wieder, denn das Gefieder der Lachmöwe ist tatsächlich in einem stetigen Wandel. Wie bei uns Menschen die Haare ständig nachwachsen, so erneuern sich auch die Federn der Möwe beständig. „Die Federn werden abgenutzt, deshalb brauchen sie immer wieder neue“, erklärt der Möwenexperte Philipp Herrmann. Das erstaunliche an dieser Tatsache ist aber, wie die Federn nachwachsen: Aus einer Art Hülse, der Federscheide, die etwa ein bis zwei Zentimeter lang ist, schiebt sich die Feder langsam heraus – und zwar vollkommen fertig, in Originalgröße. Wenn also etwa eine Flügelfeder in der Handschwinge herauswächst, spitzt da zu Anfang nur die Spitze der Feder heraus, faltet sich langsam auf und wird dann immer größer und länger.

(Das ist in diesem Video schön zu sehen)

Der Vergleich zu den Haaren passt überhaupt sehr gut, weil die Federn aus Keratin sind, ganz wie unsere Haare. (Und wie Fingernägel, Igelstacheln, Pferdehufen oder Entenschnäbel. Ja, Wahnsinns-Material ist das.) Und auch bei den Möwen selbst wird das Keratin unterschiedlich verwendet: Mal wird es zu feinen, zarten Daunenfedern, die wärmen; mal zu starken, großen Flügelschwingen, mit denen sie fliegen. Außerdem unterscheidet sich das Federkleid der Jungen von den Erwachsenen: „Die Kleinen haben nur ein braunes Daunenkleid, das ist weich und macht schön warm“, erzählt Herrmann. „Später erst kommen die richtigen Federn.“ Noch im zweiten Jahr erkennt man die Jungvögel an den paar braunen Federn, die noch hie und da im weißen Gefieder stecken.
Überhaupt wirkt die Farbe Braun auf die Lachmöwe offenbar recht attraktiv: Jeden Frühling wird ihr Köpfchen ganz schokoladenbraun - für die Balz. Zum Winter hin wird es wieder weiß, damit sie im Schnee besser getarnt sind. Ganz schön clever, diese mausernden Möwen.

 

Nina Praun