Die lachende Lachmöwe

Es ist Fantasie gefragt: Woher der Name „Lachmöwe“ kommt

Das mit den Tiernamen ist so eine Sache – also mit den offiziellen. Als Laie hofft man ja immer, dass der Name dem Tier aus gutem Grund gegeben wurde, also vielleicht als Hinweis darauf, wie das Tier aussieht, oder darauf, wie es sich verhält oder darauf, wo es lebt. Und oft stimmt das auch, etwa bei der Nacktschnecke (die ist nackt), der Springspinne (die springt), oder dem Dünensandlaufkäfer (der läuft gerne auf Dünensand herum). Also kann man bei der Lachmöwe auf die Idee kommen, dass sie so heißt, weil sie gerne lacht. Erstaunlicherweise liegt diese Erklärung nur knapp daneben: Lachen können Vögel zwar im Allgemeinen nicht (das ist zumindest jetziger Stand der Forschung) – aber der Ruf der Lachmöwe soll „mitunter an ein menschliches Lachen erinnern“. So erklärt es sich Dirk Alfermann, Gebietsbetreuer am Chiemsee und somit Fachmann in Sachen Lachmöwe. Er hat auch gleich eine Untermauerung dieser These auf Lager: „Daher auch der wissenschaftliche Artname ridibundus.“ Denn das ist Latein und bedeutet tatsächlich „lachend“. Genau diese Argumentation hat auch den Landshuter Lachmöwen-Experte Philipp Hermann überzeugt: „Ich bin zwar des Lateinischen nicht mächtig, aber diese Erklärung ist einfach wesentlich schlüssiger“, bestätigt er. Äh, schlüssiger als…? Als die andere Erklärung der Namensherkunft, die seit Jahren umherkreist. Die in etwa so geht: „Lach-“ kommt von „Lache“, also von der Pfütze, in der sich die Möwe gerne aufhält. Wobei sie sich genau genommen gar nicht so gerne in Lachen oder Pfützen aufhält, „eher im Flachwasser“, sagt Herrmann, „dort suchen sie trippelnd nach Nahrung“. Fazit: 2:0 für die lachende Theorie. 

Aber wer nun hat sich diesen fantasievollen Namen ausgedacht? (Denn, sind wir mal ehrlich, eigentlich hört sich der Möwenruf nicht so sehr nach Lachen an. Höchstens nach einem hämischen Auslachen wie bei Simpsons Nelson: Ha ha! Oder?)

HÖRBEISPIEL MÖWENRUF

Nun, es war wohl Carl von Linné. Der Herr hat vor 250 Jahren gelebt, war schwedischer Naturforscher und hat unter anderem ein echtes Grundsatzwerk in Sachen Artenschutz geschrieben, das „Systema Natura“. Darin beschrieb er etwa 7700 Pflanzen-, 6200 Tier- und 500 Mineralienarten und: gab ihnen Namen. Lateinische, weil „das damals die Wissenschaftssprache war“, erklärt Herrmann. (Zum Glück, schließlich könnten wir mit schwedischen Artennamen noch weniger anfangen.) Wenn wir also heute auf Wikipedia gehen und die Lachmöwe suchen, finden wir rechts in dem kleinen grünen Infokasten den Hinweis: „Wissenschaftlicher Name: Chroicocephalus ridibundus (Linnaeus, 1766)“. Von nun an können wir also wissend mit dem Kopf nicken, wenn wir „Linnaeus“ lesen, und sagen: „Ach so, der Carl war‘s. Der mit seiner überschwänglichen Fantasie.“ Und dann können wir ein ganz klein wenig in uns hinein lachen.
 

Nina Praun